Es gibt offen­sicht­lich Rede­be­darf zwi­schen den Auf­sichts­rä­ten in (bör­sen­no­tier­ten) Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men und Inves­to­ren! Zum einen geht es dabei um die wach­sen­de Kri­tik an der Beset­zung von Auf­sichts­rä­ten bei Finanz­dienst­leis­tern sowie Kom­pe­tenz­pro­fi­le, die Auf­sichts­rä­te nach Mei­nung insti­tu­tio­nel­ler Anle­ger abde­cken soll­ten, vor allem in den Berei­chen Nach­hal­tig­keit und Zukunfts­tech­no­lo­gien. Zum ande­ren spielt für Inves­to­ren Diver­si­tät auch in den Auf­sichts­rä­ten eine immer grö­ße­re Rol­le – beim Geschlecht wie auch beim Alter.

Mehr als 20 Pro­zent der Inves­to­ren mei­nen gemäß einer aktu­el­len Umfra­ge des Board­room Moni­tor von EY, dass ein aus­ge­gli­che­nes Ver­hält­nis zwi­schen Frau­en und Män­nern in den Füh­rungs­gre­mi­en eines Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­neh­mens ihre Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dung erheb­lich beein­flusst. Wei­te­re 37 Pro­zent stu­fen Diver­si­tät in die­sem Bereich als „eher wich­tig“ ein. In der Rea­li­tät spie­gelt sich das noch nicht ent­spre­chend wider. Bei den unter­such­ten deut­schen Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men lag der Frau­en­an­teil auf der Auf­sichts­rats­ebe­ne bei 37 Pro­zent. Im euro­päi­schen Ver­gleich war der Anteil nur in der Schweiz mit 32 Pro­zent noch gerin­ger. Unter den 99 unter­such­ten Ban­ken und Ver­si­che­run­gen in Euro­pa lag der Durch­schnitts­wert aber bei 44 Pro­zent. Die Stu­die unter­sucht die Erfah­rung, Aus­bil­dung und Fähig­kei­ten von Auf­sichts­rats- und Ver­wal­tungs­rats­mit­glie­dern im MSCI Euro­pean Finan­cials Index sowie bei meh­re­ren wei­te­ren gro­ßen natio­na­len Insti­tu­tio­nen. Zusätz­lich befrag­te EY mehr als 300 insti­tu­tio­nel­le Anle­ger in Groß­bri­tan­ni­en, Deutsch­land, der Schweiz und Frank­reich nach ihren Erwar­tun­gen an die Auf­sichts­rä­te von Finanz­dienst­leis­tern in Euro­pa und ihren Inves­ti­ti­ons­über­le­gun­gen.

Inter­na­tio­na­li­tät in den Auf­sichts­gre­mi­en nimmt zu

Auch in punk­to Inter­na­tio­na­li­tät in der Zusam­men­set­zung des Auf­sichts­rats ist bei vie­len Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men noch Luft nach oben. Nur etwas mehr als ein Drit­tel (36 Pro­zent) der Auf­sichts­rä­te in den unter­such­ten Top-Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men hat einen aus­län­di­schen Pass, die gro­ße Mehr­heit sind also – in Bezug auf das jewei­li­ge Insti­tut – „Inlän­der“. In deut­schen Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men ist die Inter­na­tio­na­li­tät noch etwas gerin­ger, hier­zu­lan­de haben 32 Pro­zent einen aus­län­di­schen Pass. In Finn­land sind es hin­ge­gen 75, in der Schweiz 61 und in den Nie­der­lan­den 58 Pro­zent. Viel­leicht liegt das aber auch an der Grö­ße die­ser Län­der. Mehr Inter­na­tio­na­li­tät im Auf­sichts­rat hilft u. a. dabei, eine fun­dier­te­re Sicht auf Ent­wick­lun­gen in aus­län­di­schen Märk­ten zu erlan­gen.

Kri­tik am hohen Durch­schnitts­al­ter

Nur knapp 5 Pro­zent der Auf­sichts­rats­mit­glie­der in den von EY unter­such­ten Top-Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men in Euro­pa sind unter 50 Jah­re alt, der Anteil der über Sieb­zig­jäh­ri­gen ist dage­gen fast dop­pelt so hoch. Fast die Hälf­te der Auf­sichts­rä­te ist zwi­schen 60 und 70 Jah­ren alt.

Zum Teil liegt das dar­an, dass die Regu­la­to­ren eine mehr­jäh­ri­ge Berufs­er­fah­rung in lei­ten­den Funk­tio­nen für eine Auf­sichts­rats­tä­tig­keit vor­schrei­ben. Zur Diver­si­tät gehört aber mit Sicher­heit auch, dass im Auf­sichts­rat jün­ge­re Mit­glie­der ver­tre­ten sind. Dies gilt ins­be­son­de­re, wenn es um The­men geht, die für die nächs­ten Gene­ra­tio­nen ent­schei­dend sind, wie Kli­ma­wan­del und Digi­ta­li­sie­rung. Die Auf­sichts­rä­te der unter­such­ten deut­schen Unter­neh­men sind übri­gens im Schnitt 60 Jah­re alt.

ESG-Erfah­rung noch nicht stark aus­ge­prägt

Eini­ge wich­ti­ge The­men fin­den sich im Kom­pe­tenz­pro­fil der Auf­sichts­rä­te der unter­such­ten Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men kaum oder gar nicht: Nur zwei Pro­zent aller Auf­sichts­rä­te in den unter­such­ten Unter­neh­men haben einen ESG- oder Sus­taina­bi­li­ty-Hin­ter­grund. Deutsch­land bil­det übri­gens dabei mit nur ein Pro­zent zusam­men mit der Schweiz das Schluss­licht in die­ser Kate­go­rie. Gera­de Nach­hal­tig­keit ist für Inves­to­ren von gro­ßer Wich­tig­keit. Fast zwei Drit­tel von ihnen ist der Mei­nung, dass die Erfah­rung in der Auf­sichts­rats­eta­ge im Bereich Nachhaltigkeit/ESG wich­tig bis sehr wich­tig sei – und damit ein ent­schei­den­der Fak­tor für eine Inves­ti­ti­on. Die Daten der Stu­die deu­ten dar­auf hin, dass es in Euro­pa aller­dings einen Trend gibt, Auf­sichts­rats­mit­glie­der mit spe­zi­el­ler Nach­hal­tig­keits­er­fah­rung aus­zu­wäh­len. So wur­de fast die Hälf­te der Auf­sichts­rä­te mit Nach­hal­tig­keits­er­fah­rung erst in den ver­gan­ge­nen drei Jah­ren beru­fen.

Die Auf­sichts­be­hör­den erwar­ten, dass sich jedes Auf­sichts­rats­mit­glied nicht nur mit den all­ge­mei­nen Bank­ri­si­ken, son­dern auch mit den jewei­li­gen geschäfts­mo­dell­spe­zi­fi­schen Risi­ken des betref­fen­den Unter­neh­mens aus­kennt und die­se beur­tei­len kann. Inves­to­ren erwar­ten dar­über hin­aus, dass sich der Auf­sichts­rat mit gesell­schaft­li­chen The­men wie dem Kli­ma­wan­del, sozia­len Aspek­ten oder der Digi­ta­li­sie­rung aus­ein­an­der­setzt und den Vor­stand ent­spre­chend for­dert. Auf­sichts­rä­te ste­hen dadurch inzwi­schen stär­ker in der Ver­ant­wor­tung und müs­sen sich des­halb auch inten­si­ver mit ihren Unter­neh­men und den ein­ge­gan­ge­nen Risi­ken beschäf­ti­gen.

Fazit

Auf­sichts­rä­te der Zukunft müs­sen in der Lage sein, Märk­te vor­aus­zu­den­ken und somit Ver­än­de­run­gen und Fort­schrit­ten zuvor­zu­kom­men. Nur so kön­nen sie die Stra­te­gie des Unter­neh­mens beein­flus­sen und sowohl aktu­el­le als auch zukünf­ti­ge Risi­ken ein­schät­zen. Das gilt natür­lich nicht nur für Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men!

Die voll­stän­di­ge Stu­die „Board­room Moni­tor“ ist hier für Sie ver­füg­bar.