Die Gesellschafter von Familienunternehmen widmen ihren Unternehmen viel Aufmerksamkeit und Zeit. Aber gilt dies auch für die Strukturierung und professionelle Steuerung des übrigen Familienvermögens? Diese Frage hat die Beratungsgesellschaft Ebner Stolz in einer aktuellen Studie beleuchtet. Dabei wurde u. a. nach den gefühlten Herausforderungen, ihrem Anlageverhalten und nach ihrem Aufgabenspektrum gefragt. Die Studie zeigt, auf welche Kompetenzen Family Offices ihren Fokus legen, um erfolgreich durch die aktuellen Herausforderungen zu navigieren.
Family Offices sind durch die gegenwärtigen wirtschaftlichen Herausforderungen stark belastet. Die größte Herausforderung wird in der erhöhten Inflation (63 %) gesehen. Trotz dieses aktuell anspruchsvollen Umfelds, gehört nach wie vor für etwa jedes zweite der befragten Family Offices auch der grundsätzliche Vermögensübergang auf die nächste Generation zu den größten Herausforderungen. Staatliche Eingriffe und die Regulierung der Märkte wird von 38 % der Befragten als weiterer Risikofaktor der Vermögenssicherung bzw. ‑mehrung identifiziert. Ein Viertel der Befragten fürchtet schließlich eine erhöhte Steuerbelastung, eventuell sogar durch eine Vermögensteuer.
Direktinvestitionen gefragt
Die Studie untermauert, dass Family Offices vor allem auf Direktinvestitionen setzen. Diese ermöglichen Family Offices unternehmerisch tätig zu sein. Dabei haben auch Nachhaltigkeitskriterien an erheblicher Bedeutung gewonnen. 69 % der Family Offices richten ihre Anlagestrategie u. a. danach aus. So nehmen auch für Family Offices alternative Investitionen an Bedeutung zu. Investments vor allem in Infrastruktur, wie beispielsweise Wind- oder Solarparks, Glasfasernetzbetreiber etc. garantieren gut planbare, relativ sichere Cashflows und stellen somit eine interessante Alternative zu Anleihen oder Immobilien dar.
Bei Direktinvestitionen möchten Family Offices auch mitentscheiden. So setzen 53 % der befragen Family Offices auf Minderheitsbeteiligungen mit Einflussmöglichkeiten, 47 % gehen sogar Mehrheitsbeteiligungen ein. Dies gilt selbst dann, wenn Unternehmerfamilien ihr eigentliches Familienunternehmen bereits veräußert haben. Auf dem Markt für Direktinvestitionen konkurrieren Family Offices damit vor allem mit Private Equity-Investoren. Family Offices weisen dabei neben ihrer langfristigen Anlagestrategie zumeist vor allem Erfahrung und Know-how in Bezug auf eine mittelständisch geprägte Unternehmenskultur auf, die positiv auf das Zielobjekt ausstrahlen kann. So bevorzugen mittelständische Unternehmensverkäufer nicht selten den (Co-)Einstieg eines Family Offices, um eine nachhaltige Unternehmensfortführung sicherzustellen.
Zunehmende Einrichtung qualifizierter Beiräte
In jüngster Zeit werden auch in den Family Offices vermehrt qualifiziert besetzte Beiräte eingerichtet. Diese Entwicklung trägt der Tatsache Rechnung, dass die Vielfalt der Asset Klassen zugenommen hat und die entsprechende Allokation des Unternehmervermögens immer komplexer wird. Daraus entsteht der Wunsch, institutionelle Expertise in Form eines Beirats hinzuzuziehen, um Risiken frühzeitiger zu erkennen und die Transparenz von Anlageentscheidungen zu verbessern. Mit dieser Kompetenzfunktion treffen Beiräte aber in der Regel keine konkreten Anlageentscheidungen, sondern dienen vielmehr als Sparringspartner des Family Offices, um unabhängig oder mit Beratern, Geschäftsführern oder Verwaltern die richtigen Anlagestrategien zu finden und sie laufend anzupassen oder weiterzuentwickeln. Der Beirat übernimmt außerdem eine Kontrollfunktion bei den Kapitalanlagen oder gegenüber den Entscheidern, und behält die gesamte Effizienz des Family Offices im Blick.
Eine besonders wichtige Rolle kommt Beiräten als Mediator oder Moderator zwischen den verschiedenen Beteiligten und ihren Interessen zu. Besonders in größeren Familienstrukturen erwartet die Beiräte hier oft sehr eine anspruchsvolle und intensive Arbeit. Eine feste Aufgabenbeschreibung gibt es generell aber nicht. Sie ist immer abhängig von den Besonderheiten der Familie und ihres Vermögens. Davon ausgehend definieren die Familien am besten ein individuelles Anforderungsprofil an die Zusammensetzung des Beirats und suchen dann die entsprechenden Kandidaten oder lassen diese von Experten für die Vermittlung profilierter Aufsichts- und Beiräte suchen.
Festlegung der Beiratsstruktur
Was ist bei der Errichtung eines Beirats in einem Family Office speziell zu beachten? Zunächst einmal gilt es, entsprechend den Besonderheiten jeder einzelnen Unternehmerfamilie die Aufgaben und Funktionen des Beirats festzulegen und daraus Anforderungsprofile für die einzelnen Beiratsmitglieder abzuleiten. Bereits in dieser Phase wird der Grundstein für die Professionalität der Arbeit eines Beirats gelegt, in dem das insgesamt im Beirat gewünschte Know-how u. a. bezüglich bestimmter Asset Klassen definiert und einzelnen Mitgliedern als Wunschprofil zugeteilt wird. Dabei empfiehlt es sich, dass sich die Erfahrungsprofile der Geschäftsführung und des Beirats durchaus voneinander unterscheiden, um einen größtmöglichen Nutzen des Beirats zu entfalten. Zugleich muss vorab festgelegt werden, ob der Beirat auch Anlageentscheidungen treffen oder lediglich Rat geben und gegebenfalls auch als Moderator bei divergierenden Gesellschafterinteressen fungieren soll. Auch sollte frühzeitig entschieden werden, ob auch Familienmitglieder im Beirat vertreten sein sollen. Dies wird in der Regel immer dann der Fall sein, wenn einzelne Familienmitglieder über besonders hohe Vermögensanteile verfügen und damit eine dominante Stellung inne haben und der Beirat als Investmentkomittee fungiert. Letztlich müssen aber die Beiratsmitglieder auch zur Struktur und den Besonderheiten der Unternehmerfamilie passen. Hier gibt es kein Standardmodell, sondern es ist Individualität und Passgenauigkeit gefragt – und Geduld bei der Suche nach den richtigen Personen.
Gewinnung von Beiratsmitgliedern
Für die Gewinnung von Beiratsmitgliedern greifen Vertreter von Familienunternehmen noch immer überwiegend auf das eigene Umfeld zurück. Dabei sind Interessenkonflikte und persönliche Verknüpfungen fast nicht zu vermeiden. Externe unabhängige Persönlichkeiten mit entsprechenden Kompetenzen werden inzwischen zunehmend durch die Inanspruchnahme professioneller und auf diesem Gebiet spezialisierter Dienstleister gewonnen, die den Kreis qualifizierter Kandidaten erweitern können. Gute Beiratsmitglieder drängen sich im übrigen nicht auf, sie wollen vielmehr „ausgewählt“ und gebeten werden.
Es ist nützlich, Personen in einen Beirat zu holen, die mit den aktuellen und zukünftigen Aufgabenstellungen eines Family Offices vertraut sind und entsprechende Erfahrungen einbringen können. Eine gute Idee sind etwa die Geschäftsführer von anderen Family Offices. Sie kennen die besonderen Belange und Themen eines Family Offices aus ihrer eigenen operativen Tätigkeit und können diese Erfahrungen in einen Beirat einbringen.