Die Stiftung Familienunternehmen hat Industriebetriebe, Banken und Handelsunternehmen aus Deutschland in allen Größen nach Dauer ihres Bestehens aufgelistet. Das Ranking versinnbildlicht stolze Tradition, ein hohes Maß an Wandlungsfähigkeit und dauerhaften Gestaltungswillen. „Über Jahrhunderte waren diese Unternehmen Stabilitätsanker und Fels in der Brandung. Sie sind es auch heute, in diesen sorgenvollen Zeiten, in denen Unsicherheit herrscht über die Pandemie, die internationale Sicherheitslage, die Inflation, die hohen Energiepreise und die Brüche in den Lieferketten“, so Stefan Heidbreder, Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen.
Laut Professor Tom Rüsen von der Universität Witten/Herdecke liegt ein wichtiger Faktor für die Resilienz von Familienunternehmen in ihrer strikten Kundenorientierung. „Sie verstehen es, Krisen als Innovationsmomente zu begreifen und das Unternehmen weiterzuentwickeln.“ Zudem führe der unbedingte Wille, das Unternehmen an die Kinder- und Enkelgeneration weiterzugeben, zu einem nachhaltigen Umgang mit Mitarbeitern und Lieferanten, aber auch mit Heimat und Umwelt. „Gerade in temporeichen und wettbewerbsintensiven Zeiten wie heute, wenn die Digitalisierung neue Geschäftsmodelle nötig macht, haben Familienunternehmen gute Chancen“, so Professor Rüsen. „Sie können geduldig Kapital für Startups zur Verfügung stellen; von den Früchten solcher Wagnisse profitieren am Ende beide.“
Mut, Gespür und Glück
Die Stiftung Familienunternehmen hat aus den Unternehmen auch Begründungen für deren langes Bestehen zusammengetragen. Carletta Heinz, geschäftsführende Gesellschafterin des Spezialglasherstellers Heinz Glas aus Oberfranken, nennt drei wichtige Eigenschaften, die das Unternehmen bereits seit 400 Jahren tragen: „Erstens den Mut, immer wieder Neues zu wagen und Entscheidungen zu treffen, auch wenn die unpopulär erschienen. Dazu das Gespür, die passenden Menschen zu finden, die mit ihnen durch Ehrgeiz, Fleiß und Ideenreichtum am Erfolg des Unternehmens arbeiten. Und schließlich ganz schlicht und einfach: das nötige Quäntchen Glück.“ Und Wilfried Neuhaus-Galladé, geschäftsführender Gesellschafter der J. D. Neuhaus Holding aus Witten, einem Hersteller von Kränen und Hebewerkzeugen, begründet das lange Bestehen seines Familienunternehmens unter anderem damit, über mehrere Generationen immer wieder fähige Nachfolger gefunden zu haben: „Diese begegneten Kriegen, Wirtschaftskrisen, Marktveränderungen und neuen Technologien mit frischem Unternehmergeist.“
In der Liste der Stiftung Familienunternehmen mit Deutschlands ältesten Familienunternehmen sind nur Unternehmen erfasst, die sich im kontinuierlichen Eigentum einer oder mehrerer miteinander verbundener Familien befinden. Die Auswahl erfolgte aus einer Gesamtheit von über 500 Familienunternehmen ohne Berücksichtigung von Apotheken, Gasthäusern, landwirtschaftlichen Betrieben, Mühlen und kleineren Handwerksbetrieben.
Gerade Aufsichtsräte bzw. Beiräte in Familienunternehmen sollten die obengenannten Aspekte als Guidance für ihre Gremienarbeit im Hinterkopf haben. Diese „Enkelfähigkeit“ von Unternehmen für die nächste Generation immer wieder sicherzustellen, ist für viele Gesellschafter von Familienunternehmen ein starkes Bedürfnis. Hierbei können sie durchaus unterschiedliche Rollen einnehmen. War es früher vor allem die operative Rolle des Geschäftsführenden Gesellschafters, die präferiert wurde, so wird heute vermehrt die operative Führung auch in Familienunternehmen von familienfremden Managern wahrgenommen.
Die aktuelle Liste mit den 50 ältesten Familienunternehmen in Deutschland finden Sie hier.