In einer Studie von PwC und Intes aus dem Jahr 2020 setzten von den rund 250 befragten Familienunternehmen über 80 Prozent auf die Expertise eines Beirats oder Aufsichtsrats; zwanzig Jahre zuvor waren es nicht einmal 40 Prozent. Diese meist freiwilligen Gremien unterliegen keinerlei gesetzlichen Vorschriften und sind daher frei gestaltbar. Wie aber werden sie besetzt, und was sollte dabei beachtet werden, damit sie den Nutzen bieten, der von ihnen erwartet wird?
Besonderheiten von Familienunternehmen
Bei der Besetzung von Beiräten bzw. Aufsichtsräten in Familienunternehmen sind die unterschiedlichen Interessenlagen von Gesellschaftern und Unternehmen zu berücksichtigen. Zielsetzung kann zum Beispiel die Überwachung und Kontrolle der Geschäftsführer sein, die Nutzung von externem Know-how der Gremienmitglieder oder der Ausgleich unterschiedlicher Gesellschafterinteressen. Gerade bei einem komplexeren Gesellschafterkreis ergibt sich bei bestimmten Geschäften die Notwendigkeit der Kontrolle und Kompetenzbegrenzung der Geschäftsführung in Form der Zustimmungspflicht durch einen Beirat bzw. Aufsichtsrat. Ein eher beratender Beirat bzw. Aufsichtsrat unterstützt hingegen die Geschäftsführung vor allem bei strategischen Fragen.
Unternehmensinteresse – „first“
Es muss oberstes Ziel sein, ein Unternehmen, das häufig auch einen beträchtlichen Teil eines privaten Vermögens darstellt, vor Bedrohungen durch die Gesellschafter zu schützen. Das (langfristige) Unternehmensinteresse muss im Vordergrund stehen, nicht Partikularinteressen von Gesellschaftern. Manchmal tun sich Unternehmerfamilien schwer damit, zu erkennen, dass sie selbst Teil des Problems sind. In solchen Fällen benötigen sie neutrale und erfahrene Ratgeber, die das Unternehmen vor möglicherweise existenzbedrohenden Entscheidungen bewahren können.
Beiräte bzw. Aufsichtsräte sollten nicht nur mit Personen aus dem eigenen Umfeld („friends and family“), sondern vielmehr mit unabhängigen (Unternehmer-)Persönlichkeiten besetzt werden. Gute Unternehmensführung bedeutet auch, festzulegen, wie wesentliche Entscheidungen in einem Unternehmen getroffen werden, und welche Kompetenzen in Form zustimmungspflichtiger Geschäfte von den Gesellschaftern auf einen Beirat übertragen werden sollen.
Praxistipps für gute Beiratsarbeit
Die Besetzung des Beirats ist unter anderem sehr stark von der Kultur innerhalb der Gesellschafterfamilie abhängig. Der Grad der Diskussion, den die Gesellschafter über wichtige Fragen der Geschäftsentwicklung zulassen, spiegelt sich letztlich in der Zusammensetzung des Beirats wider. Manchmal schaffen es nur Unternehmen, bei denen eine klare Trennung von Management und Eigentum erfolgt ist, ihre Beiräte wirklich mit externen, unabhängigen Experten zu besetzen. Diese können dann die Geschäftsführung bei der Umsetzung von Strategien aktiv unterstützen, aber zugleich auch die Anteilseigner beraten und zwischen den Parteien im Konfliktfall moderieren.
Nachfolgend einige Anregungen für die Aufstellung eines guten Beirats oder Aufsichtsrats aus der Beratungspraxis:
- Ein Beirat sollte frühzeitig und zielbewusst eingesetzt werden. Gesellschafter und Geschäftsführer sind in die Vorbereitungen einzubinden. Ihre Erwartungen an die Arbeit eines Beirats sind vorab möglichst präzise zu definieren.
- Dem Beirat sollten ausreichende Kompetenzen seitens der Gesellschafter übertragen werden. Dabei gilt es einen passenden Mittelweg zu finden, denn für einen „zahnlosen“ Beirat werden sich selten hochkarätige Mitglieder gewinnen lassen. Andererseits sollten aber auch die operativen Entscheidungsspielräume der Geschäftsführer nicht zu sehr eingeschränkt werden.
- Für die Besetzung eines Beirats kommen primär Personen mit einer entsprechenden Qualifikation und Unabhängigkeit von Gesellschaftern bzw. der Unternehmensführung in Frage. Bevor man über Personen spricht, sollten vorab aus den strategischen Zielen des Unternehmens abgeleitete Anforderungsprofile und eine entsprechende Kompetenzmatrix für den gesamten Beirat definiert werden. Ein Beirat sollte eher mit wenigen, aber hochqualifizierten Personen besetzt werden, die dann aber angemessen vergütet werden.
- Für die Arbeit des Beirats müssen professionelle Arbeitsstrukturen und passende organisatorische Rahmenbedingungen geschaffen werden. Dabei gilt es u. a. auch, die Möglichkeiten des digitalen Austauschs für die Arbeit des Beirats zu nutzen. Dieses Potential haben viele Beiratsgremien erst in der Corona-Pandemie realisiert.
- Die professionelle Zusammensetzung des Beirats und die regelmäßige und kritische Überprüfung seiner Arbeit erhöht dessen Effizienz. Auf jeden Fall gilt es, die Zusammensetzung und die Arbeit des Beirats an sich verändernde Umstände immer zeitnah anzupassen.
Fazit
Ein hochqualifiziert besetzter Beirat ist ein strategisches Instrument zur Sicherung der Unternehmenszukunft und hilft, unternehmerisches Vermögen zu erhalten und zu mehren. Dabei können die Gesellschafter entweder qualifizierte Persönlichkeiten selbst identifizieren und ansprechen, oder aber sie bedienen sich Berater, die auf diesem Gebiet spezialisiert sind, mit entsprechenden personellen Netzwerken. Professionelle Dienstleister erweitern den Kreis qualifizierter Beiratskandidaten. Auf jeden Fall sollte man sich für die Auswahl der Mitglieder eines Beirats genügend Zeit nehmen, damit der Beirat nicht zum Beiwerk wird.